Über die richtige Rasenpflege ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌ ‌
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WissenAmFreitag #72 – 19/05/2023
 
Guten Morgen!
 
In Tirol hat es jetzt wochenlang ohne nennenswerte Unterbrechung geregnet. Die Wiesen sind knallgrün und hoch, nach einer langen Winterstille drehen die Grillen endlich wieder richtig durch. Deswegen möchte ich mich heute gerne über das Rasenmähen aufregen. Dazu passt auch, dass der kommende Montag der internationale Tag der biologischen Vielfalt ist.
 
“From Agreement to Action: Build Back Biodiversity.” So lautet das diesjährige Thema. Im Schatten der großen Schwester Klimakrise geht es hin und wieder unter, dass wir gerade Zeugen eines massiven Artensterbens sind, in seiner Größenordnung durchaus mit dem Meteoriteneinschlag vor 66 Millionen Jahren zu vergleichen. Nur, dass das Aktuelle durch unser Wirtschaften und unsere Lebensweise verursacht wird. Dementsprechend groß ist die Frage: Biodiversität wiederaufbauen, ja, aber wie?
Die Convention on Biological Diversity schlägt hier eine ganze Reihe von Handlungen vor, von denen einige sehr direkt angegangen werden können.
 
Solche Empfehlungen gibt in Österreich auch der Biodiversitätsrat. Die 27 Expert:innen aus Wissenschaft und Praxis erarbeiten und fordern zusammen konkrete Maßnahmen, um die Artenvielfalt in Österreich zu schützen. Zu den Mitgliedern zählt auch der Ökologe Johannes Rüdisser, der die Universität Innsbruck vertritt. An der Universität ist Rüdisser mit zahlreichen Projekten zur Förderung der Artenvielfalt aktiv, zum Beispiel mit einer Citizen-Science-Initiative zur Beobachtung von Tagfaltern namens Viel-Falter und mit Lebensraum Gründach.
 
Die Fülle an Handlungsmöglichkeiten und Empfehlungen zeigt also, dass es jede Menge zu tun gibt.
 
Ein bisschen störe ich mich trotzdem an „Build Back Biodiversity“. Denn das Thema erweckt den Eindruck, dass Natur und Biodiversität nur durch aktives Bäume- und Blumenpflanzen zu retten sind. Viel wichtiger als ein Wiederaufbau ist es aber, die Zerstörung einzustellen. Also uns kollektiv von den Dingen zu verabschieden, die uns auch die Klimakrise beschert haben, wie fossile Energien und Wachstumsdogma. Die Natur ist ziemlich gut darin, sich von alleine zu erholen, wenn sie in Ruhe gelassen wird. Deswegen ist es auch eine Art des Wiederaufbaus, etwas nicht zu tun. Zum Beispiel, den Rasen nicht zu mähen.
 
Da wären wir also wieder. Eigentlich wollte ich ja ganz bewusst nur über das Rasenmähen schreiben, um mich nicht in der Größe des Themas Biodiversitätskrise zu verlieren. Das hat wohl nicht so ganz geklappt und ich bin schon im zweiten Absatz beim Aussterben der Dinosaurier gelandet. Ein regnerischer Frühling ist jedenfalls ein guter Zeitpunkt, um sich in Erinnerung zu rufen, dass Lebensräume nicht nur durch Planierraupen im Amazonas zerstört werden. Sondern auch vor der eigenen Haustür. Ein kurzgemähter Rasen, auf dem nichts anderes wächst als eine bestimmte Grassorte, ist schließlich nichts anderes als ein Kahlschlag zugunsten einer Monokultur.
 
Wie es anders geht, zeigt der Botanische Garten der Universität Innsbruck, wo bis November die Ausstellung Ordentlich Schlampig stattfindet. Hier werden einfache und sofort umsetzbare Maßnahmen gezeigt, um mehr biologische Vielfalt in den eigenen Garten zu bringen und all die Tiere, Pflanzen und andere Lebensformen zu schützen, die in einer ordentlich schlampigen Grünfläche ihr Zuhause finden. Denn ob Wildbienen, Kröten, Vögel, oder Igel -sie alle profitieren von einem wilden Garten. Und „Ordentlich Schlampig“-Schilder, um diese schützenswerten Flächen auszuzeichnen, gibt es gegen einen kleinen Unkostenbeitrag dazu.
 
Die Idee, dass ein kurzer Rasen „schön“ ist und ein wilder Garten „ungepflegt“, ist noch sehr fest verankert. Und sich von solchen kulturellen Vorstellungen zu lösen, ist ziemlich schwer. Einst war Rasen ein Prestigeobjekt für Aristokraten, als solcher wurde er auch in die USA exportiert, wo er als Wohlstandssymbol mit der Kolonialisierung und Aneignung des Landes Hand in Hand ging. (Ich merke, dass ich schon wieder abschweife, auch weil ich es einfach wahnsinnig spannend finde, wie viel hinter einer vermeintlich banalen und alltäglichen Sache wie einem gemähten Rasen stecken kann.) Um den Rasenmäher stehen zu lassen, reicht deswegen vielleicht nicht allein der Gedanke, vielen kleinen und großen Lebewesen etwas Gutes zu tun. Wichtig ist auch der Gedanke, dass dabei etwas Schönes entsteht.
 
Denn ist der Gedanke nicht schön, Hüter:in eines eigenen kleinen Stückchen Wildnis zu sein? Darauf lässt sich vielleicht nicht mehr so einfach Ball spielen oder grillen. Was darauf wächst, bestimme nicht mehr ich, und damit gehört diese Fläche nicht mehr nur mir. Deswegen Hüter:in. Und als solche:r gibt es viele Dinge zu tun. Zum Beispiel, sich für eine Weile nur zwischen Gräser und Blumen und Käfer zu setzten, und sich Gräser und Blumen und Käfer anzusehen, und sich in den Formen und Farben und Bewegungen und Details verlieren, und einfach nur darüber nachdenken, wie wundervoll das alles eigentlich ist.
 
Liebe Grüße von
 
Fabian Oswald
Kommunikationsteam der Universität Innsbruck
SEHEN: Recht, Sicherheit und Gesellschaft
Der 50-jährige Geburtstag des Instituts für angewandte Rechts- und Kriminalsoziologie IRKS wurde vergangenen Freitag in Wien gefeiert. Bereits seit 1973 forschen die Mitarbeiter:innen des Instituts, das seit 2021 Teil der Universität Innsbruck ist, zu gesellschaftlich hoch relevanten Themen wie rechtlichen Normen und Rechtsmobilisierung, Kriminalität, Sicherheit oder Extremismus. Über hundert Gäste fanden sich im großen Festsaal des Justizministeriums ein, um zu gratulieren, darunter auch Justizministerin Alma Zadić. Die Forschungsschwerpunkte des Instituts werden künftig in erweiterter Form im Studienangebot der Universität Innsbruck vertreten sein. Für Masterstudierende der Universität Innsbruck gibt es ab Wintersemester 2023 die Möglichkeit, sich im Wahlpaket „Recht, Sicherheit und Gesellschaft“ auf rechts- und kriminalsoziologische Aspekte zu fokussieren.
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